Besucherdatenerhebungen zum Schutz der „Côte Bleue“ (Projet INHERIT)

Die sogenannte Blaue Küste (auf französisch: Côte Bleue) bezeichnet einen westlich der Stadt Marseille gelegenen Abschnitt der Mittelmeerküste. Auch dieser Küstenabschnitt umfasst wie das wesentlich bekanntere Calanques-Massiv Felsbuchten aus Kalkstein mit kleinen Häfen, Ständen und Buchten.

Die „Côte Blue“, Foto: Ivan Herman

Vorgeschichte

In den 60er Jahren gab es ein umfangreiches Tourismus- und Bauprojekt, für das Immobilienfirmen jeweils 1.700 und 1.300 Hektar Land erworben hatten.

Angesichts des heftigen Widerstands vor Ort wurden die Grundstücke auf dem Flächennutzungsplan der Gemeinde Rove 1974 schließlich als nicht bebaubar ausgewiesen.

1978 beschloss die drei Jahre zuvor gegründete Küstenverwaltungsbehörde Conservatoire du Littoral die betreffenden Grundstücke aufzukaufen und zum unveräußerbaren Staatsbesitz zu machen. So erwarb das Conservatoire du Littoral nach und nach eine Fläche von 3.500 ha.

2012 wurde dem Meerespark der Status eines „besonders schützenswerten mediterranen Gebiets“ (ASPIM) zuerkannt, das seit 2014 dank seiner vorbildlichen Verwaltung auf der grünen Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) rangiert.

2013 erhielt der Standort dann auf der Grundlage des französischen Gesetzes von 1930 den Status einer schützenwerten Naturzone.

Im November 2015 schließlich wurde ein großes maritimes Gebiet von La Couronne im Westen und L‘Estaque im Osten bis zu einem südlichen Punkt auf offener See zur Natura 2000-Sonderschutzzone namens „Côte Bleue Marine“ erklärt. Der Erhalt der Naturräume ist für dieses Gebiet von zentraler Bedeutung.

2020: das INHERIT-Projekt

Die International association for mediterranean forests (AIFM) ist eine NGO, die 1996 mit dem Ziel gegründet wurde, den Wissens- und Erfahrungsaustausch über Wälder und sonstige Baumbestände des Mittelmeerraums zu fördern.

Im Rahmen ihres Auftrags hat die AIFM an einem integrierten Projekt namens Interreg MED INHERIT unter Beteiligung von 15 Partnern aus 10 Mittelmeerländern mitgewirkt, das vom 1. Februar 2018 bis zum 30. April 2022 lief.

Ziel des Projekts war es, Naturschätze beliebter Küstenabschnitte und Reviere des Mittelmeers zu erhalten und aufzuwerten und zugleich vor den Folgeschäden des Massentourismus zu schützen. Eine Möglichkeit, Tourismus nachhaltiger zu machen, besteht darin, die stark ausgeprägte Saisonalität der Branche zu reduzieren – durch besseres Management der Aufnahmekapazitäten sowie durch Ausarbeitung und Umsetzung eines von lokalen Branchenplayern getragenen Schutzkonzepts, das auf Selbstregulierung und Follow-Up setzt.

Nachdem die AIFM im Rahmen des Projekts Kontakte zu mehreren bemerkenswerten Standorten im Département Bouches du Rhône hergestellt hatte, wurde die „Côte Bleue“ nach einem Austausch mit dem Standorteigentümer und -verwalter im September 2019 schlussendlich als Pilotgebiet für INHERIT ausgewählt.

Im gleichen Jahr wurden für die Bedarfsermittlung zahlreiche Gespräche mit lokalen, sowohl öffentlichen als auch privatwirtschaftlichen Playern der Touristikbranche und des Umweltschutzes geführt. Fazit: Erforderliche Maßnahmen gegen Bodenerosion auf Wegen und eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit werden dadurch behindert, dass so gut wie keine Daten über das Besucheraufkommen vorliegen. Für ein erfolgreiches Management von Standorten und Naturereignissen (Erdrutsche, Steinschläge) jedoch sind derartige Daten unentbehrlich.

Von Juli bis September 2020 ließ die AIFM deshalb 10 PLATTEN-Zählsysteme im Rove- und im Ensuès-la-Redonne-Massiv installiert, um das Besucheraufkommen an insgesamt 10 strategischen Punkten zu messen.

Bereits nach wenigen Tagen zeichnete sich ein Trend ab: Im Vergleich zu den anderen Standorten war der Zöllnerpfad (Niolon und Méjan) besonders stark frequentiert. Auch die Auswirkungen von Corona auf die Besucherzahlen waren ab März 2020 deutlich zu erkennen.

Erste Bilanz

 

Die Bilanz 2021 weist einen gegenüber 2020 einen starken Anstieg der Besucherzahlen an allen Standorten aus.

  • INSGESAMT: 532.000 Durchgänge
  • Spitzenwerte auf dem Zöllnerpfad: 2.000/T (Niolon) und 1.700/T (Méjan)

Die erhobenen Daten vermitteln ein objektives Bild des Besucheraufkommens und waren für die meisten Beteiligten eine Überraschung. So auch für Alain Chaudron, dem stellvertetenden AIFM-Vorsitzenden: „Kein Mensch hatte mit 500.000 Durchgängen pro Jahr gerechnet! Auch wenn wir von den 3 Millionen Besuchern der Calanques weit entfernt sind, sind die Zahlen doppelt so hoch wie bis bisher landläufig angenommen“.

Das bestätigt die Bedeutung des Zöllnerpfads, der die Hälfte aller Besucher*innen auf sich vereinigt. Darüber hinaus ermöglichen die gewonnenen Daten den Playern eine genauere Analyse nach Wegen und Wochen und liefern damit wichtige Erkenntnisse wie die Frühjahrs- und Herbstspitzenwerte oder die vergleichsweise schwachen Besucherzahlen im Sommer, wenn Massive mit Baumbestand für Besucher*innen gesperrt sind.

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