Kontext
Der Nationalpark Heuscheuergebirge im Südwesten Polens erstreckt sich über eine Fläche von 63,39 km², wovon 57,79 km² bewaldet sind. Die Landschaft ist durch einzigartige Sandsteinformationen und sogenannte „Tafelberge“ geprägt, die spektakuläre geologische Strukturen aufweisen.
Bei den Einheimischen war der Park schon immer beliebt. Nachdem er als Kulisse im Film „Die Chroniken von Narnia“ diente, zog er in den vergangenen Jahren auch zahlreiche neue Touristen an.
Um den Nutzungsdruck auf die Natur, die lokale Gemeinschaft und die Besucher zu analysieren und Massentourismus vorzubeugen, leitete Dr. Mateusz Rogowski, Forscher an der Adam-Mickiewicz-Universität im polnischen Posen, ein umfassendes, mehrstufiges Programm in die Wege. Dieser Artikel basiert auf seiner Arbeit, die 2024 bei der internationalen Konferenz MMV12 vorgestellt wurde.
Einrichtung eines parkweiten Besucher-Monitoring-Programms
Ein Protokoll zur Besucheranalyse wurde entwickelt, bei dem sowohl quantitative als auch qualitative Daten erhoben wurden. Die Besucherzahlen wurden mithilfe von 38 PYRO-Zählern erfasst, die an Parkeingängen und strategischen Standorten installiert waren.
Zu erfassen, wie viele Menschen den Nationalpark besuchen, machte es möglich zu analysieren, wie sich das Besucheraufkommen von Jahr zu Jahr verändert.
Zuvor hatte das Zentrale Statistikamt Besucherdaten bereitgestellt. Im Jahr 2016 beliefen sie sich auf 286.000 Besucher pro Jahr.
Ab 2017 kamen automatische Zähler zum Einsatz. Diese erfassten insgesamt 871.300 Besuche (dieser Wert entspricht nicht der Menge der Besucher!), die Zahl stieg bis 2019 auf 920.000. Damit kletterte der Park von Platz 10 der meistbesuchten Nationalparks 2017 auf Rang 6 im Jahr 2019.
Bewertung und Verbesserung der Genauigkeit der passiv-infrarot Sensoren (Eco-Counter)
Die PYRO-Zähler von Eco-Counter liefern zuverlässige Trenddaten, jedoch kann es unter schwierigen Bedingungen zu Zählfehlern kommen. Deshalb ist es wichtig zu bewerten, wie groß diese Abweichungen sind und unter welchen Bedingungen sie auftreten. Die Studie zielte darauf ab, die Fehlzählungen der Eco-Counter in Relation zu unterschiedlichen Besucherzahlen und Abständen zwischen den Besuchern auszuwerten. Grundlage dieser Analyse waren Feldversuche und Beobachtungen vor Ort.
Identifiziert wurden unter anderem Fehlertypen und -größen, zudem wurde eine Kalibrierungsformel entwickelt. Pyroelektrische Sensoren neigen dazu, eher zu viel zu erfassen als zu wenig. Fehler entstehen am häufigsten bei Gruppen von mehr als sechs Personen und wenn die Zeitabstände zwischen den Besuchern kürzer als drei Sekunden sind.
Häufigste Ursachen für Zählabweichungen:
- Gruppen, die sich in gleicher Richtung bewegen
- gleichzeitige Bewegungen in beide Richtungen
- geringe Abstände zwischen Einzelpersonen
- zu großer Abstand zum Sensor
- hohe Umgebungstemperaturen
Durch die Analyse identifizierten und kategorisierten die Wissenschaftler die Umstände, unter denen Fehler passieren:
- richtungsbasierte Fehlzählung
- Ermüdungseffekt
- Einfluss hoher Temperaturen auf die Zählgenauigkeit
Infolge konnte die durchschnittliche Fehlerquote von ±13 % auf ±6 % gesenkt werden.
Saisonbedingte Schwankungen der Besucherzahlen
Die erhobenen Daten ermöglichten eine Analyse der saisonalen Besucherverteilung.
Zudem ermöglichte es die Analyse, über das Jahr die Tage mit der höchsten Auslastung festzustellen (Spitzen gibt es in der letzten Mai-Woche, wenn viele Schulausflüge stattfinden), und eine Korrelationsmatrix aller Standorte zu erstellen, um die Besucherrouten nachzuvollziehen.
Die Gesamtanalyse der Besucherströme im Nationalpark wiesen zwei hochfrequentierte Wanderwege aus: zum Großer Heuscheuer und zum Błędne Skały. Zu Spitzenzeiten erfassten die Zähler 1.191 Passagen pro Stunde zum Großen Heuscheuer und 601 auf den Błędne Skały. Diese beiden Wege nutzen 50 % aller Besucher, obwohl sie lediglich 1,2 km bzw. 600 m lang sind.
Massentourismus im Nationalpark Heuscheuergebirge
Auf diese ersten Erkenntnisse hin wurde die Breite der Wege gemessen sowie Vor-Ort-Beobachtungen durchgeführt, um das Besucherverhalten zu verstehen.
Zudem wurde die Zufriedenheit der Besucher abgefragt, wodurch sich ein starker Zusammenhang zwischen Spitzenauslastung der Wege und Zufriedenheit der Besucher ergab.
Alle gesammelten Daten flossen in die Berechnung ein, um einen guten Abstand zwischen den Besuchenden zu erreichen, um die Zufriedenheitswerte auf >50 % zu heben (und die durch die Menschen verursachte Belastung des Ökosystems besser zu kontrollieren). In diesem Fall betrug die Distanz 2,5 Meter zwischen allen Besuchenden. Ein definierter Mindestabstand, zusammen mit den Breitenmessungen der Wege vor Ort ermöglichten es, zu definieren, wie viele Menschen pro Stunde die Wege nutzen können. Diese stündliche Kapazitätsgrenze betrug 400 Personen für Weg 1 (Großer Heuscheuer) und 300 für Weg 2 (Błędne Skały).
Auf dieser objektiven Basis wurde ein Quotensystem mit verpflichtenden Reservierungen eingeführt, deren Anzahl sich Jahr für Jahr verringern sollte: Zum Großen Heuscheuer wurden 2022 pro Stunde nur 400 Personen zugelassen, 2024 wurde auf 350 reduziert, 2025 sollen es noch 300 Besucher pro Stunde sein.
Ergebnisanalyse: Minderung des Massentourismus im Nationalpark
Massentourismus entsteht, wenn zu viele Menschen einen bestimmten Ort besuchen möchten.
Mehrere Jahre Forschung haben es ermöglicht, eine „Methode zur Massentourismus-Optimierung“ zu etablieren. Maßnahmen zur Eindämmung des Massentourismus wurden als Teil der Methode entwickelt: Beschränkung der Besucherzahlen, neue Attraktionen, neue Wege und Bewerben weniger bekannter Orte.
Im Jahr 2022 und nach Umsetzung dieser Maßnahmen auch in 2023 wurden die Besucher dazu befragt, wie viel Unzufriedenheit sie über die übermäßige Nutzung der Wege empfanden. Gaben anfangs noch 53 % der Befragten an, unzufrieden zu sein, sank dieser Wert nach und nach auf 19 %.
Eine Analyse des Stundenprofils vor und nach der Einführung der Beschränkungen ist ebenfalls aufschlussreich. Sie zeigt einen Rückgang des Besucheraufkommens in der Tages-Hochphase, aber einen leichten Anstieg zu anderen Tageszeiten. Die Besucherströme verteilen sich also besser über den Tag.
Interessant: Obwohl die Besucherzahlen im Nationalpark gestiegen sind, hat sich der Anteil der beiden besonders beliebten Wege an der Gesamtwegenutzung nicht verändert. Mehr noch: Er ist leicht gefallen. Nutzen 2021 noch 53 % aller Besucher einen der beiden Trails, waren es 2023 nur noch 49 %.
Quellen/Literaturnachweise:
Rogowski, M. 2019, Assessing the tourism carrying capacity of hiking trails in the Szczeliniec Wielki and Błędne Skały in Stołowe Mts. National Park, Forest Research Papers, 80:125-135. https://doi.org/10.2478/frp-2019-0011
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Rogowski, M., 2022b. Effects of Covid-19 on tourist’s behavior and number in mountain national park: The case of the Stołowe Mts. National Park, Poland. J. Mt. Sci. 19, 2044–2059. https://doi.org/10.1007/s11629-021-7205-5
Rogowski, M., Piotrowski, K., 2022, Assessment and Accuracy Improvement of Pyroelectric Sensors (Eco-Counter) Based on Visitors Count in National Park. The Case: Monitoring System of Tourist Traffic in Stołowe Mountains National Park, Poland, Environmental and Climate Technologies, 26: 182–198. https://doi.org/10.2478/rtuect-2022-0015
Rogowski, M., (in print), A method for overtourism optimisation for protected areas, Journal of Outdoor Recreation and Tourism,