Die digitale Zukunft beginnt lokal: Mit dem Bundesprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ unterstützt die Bundesregierung seit 2019 insgesamt 73 Kommunen in Deutschland dabei, Strategien für eine vernetzte, nachhaltige und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu entwickeln und umzusetzen. Bis 2026 stehen dafür rund 820 Millionen Euro zur Verfügung – mit dem Ziel, Städte und Gemeinden fit für die Herausforderungen von morgen zu machen.
Ob Großstadt, Mittelzentrum oder ländlicher Raum – Modellkommunen wie Gütersloh oder die Metropolregion Rhein-Neckar setzen auf urbane Datenplattformen, Open-Source-Ansätze und Bürgerbeteiligung, um innovative Lösungen unter Realbedingungen zu testen. Dabei entstehen digitale Strategien, die nicht nur lokal wirken, sondern bundesweit übertragbar sind.
Gütersloh, mit rund 100.000 Einwohner:innen, ist das wirtschaftliche Herz Ostwestfalen-Lippes. Es ist auch bekannt für seine Mischung aus Industrie, Innovation und hoher Lebensqualität. Mit dem Einstieg in das Modellprojekt „Smart Cities“ unterstreicht die Stadt ihren Anspruch, auch in der digitalen Transformation eine Vorreiterrolle einzunehmen.
Seit dem Start in die zweite Staffel des Förderprogramms im Jahr 2020 verfolgt Gütersloh einen datengetriebenen Ansatz zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Ein zentrales Teilprojekt ist die Messung der Passantenfrequenzmessung in der Innenstadt. An zwölf festen Standorten sowie mit drei mobilen PYRO-Box Evo-Zähler werden Bewegungsdaten anonym erfasst. Diese Daten liefern wertvolle Erkenntnisse über alltägliche und veranstaltungsbezogene Besucherströme – etwa beim Wochenmarkt, dem Gütersloher Frühling oder dem Weihnachtsmarkt.
Die bisherigen Auswertungen zeigen eindrucksvoll, wie sich das Stadtleben in Zahlen abbilden lässt: Seit Projektstart im November 2024 wurden täglich durchschnittlich über 64.000 Zählungen in der Innenstadt gezählt. Diese kontinuierliche Datenerhebung ermöglicht es künftig, Trends frühzeitig zu erkennen und fundierte Entscheidungen für die Stadtentwicklung zu treffen.
Die gewonnenen Informationen ermöglichen differenzierte Analysen: Wie unterscheiden sich Frequenzen zwischen Wochentagen und Wochenenden? Welche Auswirkungen haben Wetterbedingungen oder Baumaßnahmen? Und wie verändern sich die Besucherzahlen über mehrere Jahre hinweg? Solche Fragen lassen sich künftig datenbasiert beantworten.
Langfristig sollen die Erkenntnisse die Innenstadtentwicklung gezielt unterstützen – etwa durch die Stärkung des Einzelhandels, die Bedeutung und Optimierung von Veranstaltungen, wie dem Wochenmarkt oder durch Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität, z. B. durch gezielte Begrünung, um übermäßiger Hitze im Sommer vorzubeugen. Perspektivisch wird auch der Einsatz von WLAN- und Bluetooth-Sensorik geprüft, um Bewegungsprofile noch präziser (und weiterhin anonym) zu erfassen.
Gütersloh zeigt exemplarisch, wie Smart-City-Technologien nicht nur Innovation, sondern auch konkrete Mehrwerte für Stadtplanung, Wirtschaftsförderung und Bürger:innen schaffen können.
Im Rahmen des Modellprojekts „Smart Cities“ setzt die Metropolregion Rhein-Neckar gezielt auf die Entwicklung eines smarten und nachhaltigen Tourismus. Ein zentrales Teilprojekt widmet sich der Mobilität und Besucherlenkung – mit dem Ziel, Besucherströme gezielt zu steuern und gleichzeitig die Mobilität in der Region umweltfreundlicher zu gestalten.
Seit Ende 2024 erfassen moderne Sensoren an Wander- und Radwegen präzise Besucherdaten – unter anderem in Annweiler am Trifels, Sankt Martin, Ottersheim und entlang der Queichwiesen. Diese Daten bilden die Grundlage für intelligente Planungsprozesse.
Ein konkretes Beispiel liefert die Südliche Weinstraße, die gemeinsam mit der Stadt Landau eine touristische Mobilitätsstrategie entwickelt. Grundlage dafür sind Zähldaten der PYRO-Box Evo, die an ausgewählten Wander- und Radwegen erhoben werden. Diese liefern wertvolle Erkenntnisse über das tatsächliche Besucheraufkommen – etwa, dass an Wochenenden und Feiertagen bei gutem Wetter besonders viele Tages- und Urlaubsgäste unterwegs sind. Aber auch die Pflege des Wanderweges ist nicht zu vernachlässigen.
Zusätzlich kommen entlang der Südlichen Weinstraße TUBES-Sensoren zum Einsatz, die speziell den Radverkehr zählen. Zwei Monate lang wird an 2 verschiedenen Standorten jeweils für eine Woche gemessen, wie viele Radfahrende unterwegs sind. Die gewonnenen Daten helfen so dabei, eine nachhaltige touristische Mobilitätsstrategie zu entwickeln.
Auch die Queichwiesen haben sich als besonders wertvoller Messstandort erwiesen – nicht nur zur Besucherzählung, sondern auch zur Ableitung von Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege des empfindlichen Naturraums.
Die erhobenen Daten helfen dabei, bestehende Angebote wie Wanderbusse gezielter zu planen und neue Maßnahmen zur Besucherlenkung zu entwickeln. Die Datenbasis wird kontinuierlich erweitert – unter anderem durch neue Radverkehrszählungen an zusätzlichen Messpunkten. Das Projekt zeigt, wie datengetriebene Entscheidungen die regionale Tourismusentwicklung nachhaltig verbessern können.
Die Beispiele aus Gütersloh und der Metropolregion Rhein-Neckar zeigen eindrucksvoll, wie datenbasierte Ansätze die Stadt- und Regionalentwicklung nachhaltig verändern können. Durch intelligente Zählsysteme und die konsequente Nutzung urbaner Datenplattformen entstehen nicht nur innovative Lösungen für Mobilität, Tourismus und Aufenthaltsqualität – es werden auch fundierte Entscheidungsgrundlagen geschaffen, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden.
Das Bundesprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ beweist: Die digitale Zukunft beginnt lokal. Mit gezielter Förderung, technologischer Offenheit und aktiver Bürgerbeteiligung entstehen Strategien, die weit über die Grenzen einzelner Kommunen hinaus wirken. So wird aus smarten Ideen echte Lebensqualität – heute und für kommende Generationen.