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Agora Verkehrswende-Radar 2025

Geschrieben von Bianca Phan Ban | 26.11.2025

Der Radverkehr in Deutschland hält sein Vor-Corona-Niveau auf Alltagsrouten stabil – auf Freizeitrouten liegt er knapp darunter. Ein klarer Aufwärtstrend seit 2022 ist jedoch nicht erkennbar. Wettereffekte erklären einzelne Ausschläge, das Deutschlandticket hat laut Studien nur marginale Verlagerungen vom Rad bewirkt. Für wirkungsvolle Förderung braucht es deshalb gezieltere Maßnahmen – und verlässlichere, dichter verteilte Zähldaten.

Die wichtigsten Zahlen vorweg

Der Agora Verkehrswende-Radar ist ein quartalsweises Monitoringinstrument. Das Ziel: die deutsche Verkehrswende mit belastbaren, kontinuierlich erhobenen Daten mess- und vergleichbar machen.

Das Dashboard bietet einen Überblick über die Entwicklung aller Verkehrsträger – Auto, Bahn, ÖPNV, Rad und Fuß – und macht Veränderungen im Mobilitätsverhalten sichtbar. So lässt sich nachvollziehen, ob politische Maßnahmen, Förderprogramme oder gesellschaftliche Trends tatsächlich Wirkung zeigen.

Im 2. Quartal 2025 blieb das Radverkehrsaufkommen auf Alltagsrouten stabil auf hohem Niveau. Die Zähldaten zeigen 103 % des Referenzwerts von 2019 – also ein leichter Anstieg im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie. Auf Freizeitrouten, die vor allem an Wochenenden stark frequentiert sind, lag der Wert bei 95 %. Nach dem pandemiebedingten Hoch der Freizeitnutzung pendeln sich die Zahlen hier langsam wieder auf einem etwas niedrigeren, aber weiterhin hohen Niveau ein.

Woher die Daten stammen und was sie abbilden

Für den Radverkehr nutzt der Verkehrswende-Radar Eco-Counter-Zähldaten. Ergänzend werden Niederschlagsdaten des DWD einbezogen, um Witterungseinflüsse zu erklären. In die aktuelle Auswertung fließen 147 Zählstellen ein – davon 102 Alltags- und 45 Freizeitrouten. 

Definitionen:

  • Alltagsrouten: deutliche Peaks an Werktagen (Vormittag/Nachmittag), geringe Saisonalität → Darstellung als DTV Mo-Fr.
  • Freizeitrouten: Stärkere Saisonalität, hohe Wochenendanteile → Darstellung als DTV Sa–So.

Entwicklung zwischen 2019-2025

Nach den Corona-Ausschlägen hat sich der Radverkehr normalisiert. Seit 2022 ist kein klarer Wachstumspfad mehr erkennbar – trotz punktueller Hochs. Das bestätigt auch die MiD 2023: Der Rad-Anteil am Modal Split stagniert bei 11 %; die Zahl der täglichen Radwege liegt mit 28–29 Mio. auf dem Niveau von 2008 bzw. 2017. Durch die gestiegene Bevölkerung bedeutet das faktisch keinen Pro-Kopf-Zuwachs.

Wetter & Saisonalität

Warum Q1 häufig "überperformt"

Der Radar zeigt seit 2022 auffällig stärkere Q1-Werte relativ zu 2019 – auch, weil Q1/2019 in vielen Großstädten sehr schwach war. Gleichzeitig spielten geringere Niederschläge (z. B. Q1/2022, Q1/2025) eine Rolle: Quartale mit über 20 % weniger Regen als 2019 verzeichnen deutlichere Ausschläge, vor allem auf Freizeitrouten.

Das Deutschlandticket

Der vermeintliche Rückgang des Radverkehrs rund um die Einführung des Deutschlandtickets lässt sich durch saisonale Effekte erklären. Studien schätzen, dass nur 1–2 % der Wege vom Rad zum ÖPNV verlagert wurden – ein marginaler Wert.

Längere Wege dank E-Bike

Laut den Daten der Agora Verkehrswende ist inzwischen etwa 20 % aller Radfahrten elektrisch unterstützt. Die durchschnittliche Wegelänge ist dabei von 3,9 km (2017) auf 4,3 km (2023) gestiegen – ein Hinweis darauf, dass das Fahrrad bzw. Pedelec zunehmend auch für längere Strecken genutzt wird.
Allerdings zeigt sich im Modal Split bislang kein signifikanter Anstieg des Radverkehrsanteils im Gesamtverkehr. Es fehlt also noch der sprunghafte Wachstumsschub, trotz längerer Wege durch E-Bikes.

Um die Wirkung von E-Bikes genauer zu verstehen – also wie sie Wegelängen, Fahrzeiten, Verkehrsmittelwahl und die Infrastruktur beeinflussen – lohnt sich auch ein Blick auf eine aktuelle Studie der Bergischen Universität Wuppertal.

Was Kommunen und Regionen jetzt tun können

  • Dauerzählnetz strategisch verdichten: Mindestens je Korridor 1–2 Alltagszählstellen plus Freizeithotspots.
  • Wirkungs-KPIs definieren: DTV, Spitzenstunden, Tagesprofile, saisonbereinigte Indizes, Wetter-Adjustierung.
  • Vorher-/Nachher-Design etablieren: Zählungen 6–12 Monate vor und nach Umbauten oder Pop-up-Maßnahmen.
  • Transparenz schaffen: Öffentliche Dashboards und Eco-Displays erhöhen Akzeptanz und fördern Förderanträge.
  • Modal-Split-Ziele herunterbrechen: Lokale Jahresziele festlegen, in Mobilitätsberichten dokumentieren und mit Zähldaten belegen.

Fazit

Der Verkehrswende-Radar bescheinigt dem Radverkehr 2025 Stabilität im Alltag und Schwankungen in der Freizeit. Was fehlt, ist der nächste Wachstumsschritt. Wettereffekte, Ticket-Politik und E-Bike-Trends erklären Teilaspekte – den Durchbruch bringen sichere, zusammenhängende Netze, priorisierte Knotenpunkte und konsequentes Monitoring.
Mit verlässlichen Zähldaten, wetterbereinigt und kontinuierlich analysiert, lassen sich die Wirkung von Investitionen belegen und die Verkehrswende gezielt beschleunigen.